Am 14. Oktober 1969 erblickte ich im Universitätsklinikum Hamburg-Eppendorf das Licht der Welt. In den ersten sechs Jahren meines Lebens erlebte ich eine Kindheit, wie sie schöner nicht hätte sein können. Wir, meine Eltern und meine beiden älteren Geschwister, lebten in einem kleinen Haus in Hamburg-Niendorf. Zugegeben in der Einflugschneise des Flughafens, aber vielleicht habe ich daher die Affinität zum Fliegen.
Von meinem sechsten bis zehnten Lebensjahr ging ich auf die Grundschule. Hier entdecke ich unter anderem meine Begeisterung für den Sport. Die Note 1 in Sport zog sich durch meine gesamte schulische Laufbahn. Ich war schon immer begeistert davon, Dinge auszuprobieren. Wie wahrscheinlich die meisten Jungen in meinem Alter wollte ich Feuerwehrmann, Polizist oder auch Busfahrer werden. Einmal hatte ich mir in den Kopf gesetzt, einen Bus zum Spielen zu bauen, den wir hinter dem Fahrrad herziehen würden. Zusammen mit meinem Bruder werkelte ich los. Nach einem Tag war der „Bus“ nur halb fertig, aber bereits so schwer, dass es unmöglich gewesen wäre, diesen überhaupt zu bewegen. Mein Bruder und ich sahen uns an und fingen an zu lachen. Am nächsten Tag zerlegten wir das Gefährt wieder in seine Einzelteile.
Mit zehn Jahren kam ich aufs Gymnasium Dörpsweg in Hamburg-Eidelstedt. Das Tempo und der Druck des Lernens machten mir sichtbar zu schaffen. Was mich jedoch faszinierte: Das Gymnasium war bekannt für seine erfolgreichen Basketballmannschaften. Genau mein Ding, dachte ich. Somit trat ich in den Eidelstedter Sportverein ein und der Sport dominierte fortan mein Leben. Auch hier hatte ich schnell das Gefühl, da geht noch was.
Neben dem Training in meiner eigenen Mannschaft trainierte ich später noch bei einer Herrenmannschaft, coachte eine Jugendmannschaft und absolvierte meine Schiedsrichterprüfung. In dieser Zeit gab es keinen Tag, an dem Basketball in meinem Leben keine Rolle gespielt hätte. Mittlerweile waren wir in ein schönes neues Reihenendhaus nach Hamburg-Schnelsen gezogen. Es war ein Herzenswunsch meines Vaters, das Haus während des Baus zu begleiten. Wir hatten viel Platz, und jeder bekam ein eigenes Zimmer.
Mein Vater war immer ein großes Vorbild für mich. Ein Macher, der sichtbar viel erreichte. Als Geschäftsführer eines Unternehmens hat er viel gearbeitet. Er wollte uns viele unserer Wünsche erfüllen. Ich war gerade auf das Gymnasium gekommen, als mein Vater in der Firma unerwartet umkippte. Die Diagnose war vernichtend: Krebs.
Aber kann man als Zehnjähriger wirklich schon verstehen, was das bedeutet? Ich sollte es in den kommenden zwei Jahren am eigenen Leib spüren. Plötzlich bestand mein junges Leben aus drei Aufgaben: Schule, meinen Vater im Krankenhaus besuchen und Basketball. Diese Belastung ging nicht spurlos an mir vorüber. Meine Leistungen und Noten auf dem Gymnasium wurden immer schlechter.
Dann kam der 15. Januar 1981. Es war ungewöhnlich, dass die ganze Familie an diesem Abend zu Hause war – bis auf meinen Vater, der ja im Krankenhaus lag. Wir sahen fern. Es war kurz vor 22 Uhr, als wir den Fernseher ausschalteten und schlafen gehen wollten. Gerade als wir an dem Sekretär vorbeigingen, auf dem das Telefon stand, klingelte es. Ein Moment, wie ich ihn noch nie in meinem Leben erlebt hatte. Es klingelte, und wir sahen uns sekundenlang, gefühlt minutenlang an. Wir fühlten sofort, was geschehen war. Meine Mutter nahm den Telefonhörer ab, sah wie versteinert zu uns Kindern und nickte dann mit dem Kopf. Wenige Sekunden später liefen ihr die Tränen übers Gesicht. Mein Vater war gestorben.
Diesen Augenblick werde ich mein Leben lang nicht vergessen. Nach zwei Jahren hatte er den Kampf ums Überleben verloren. Das Leben ist doch kein Kampf, darf kein Kampf sein. Am Ende wog er gerade mal noch 45 Kilo. Es war aber auch eine Erlösung für uns alle, vor allem für meinen Vater. Von diesem Zeitpunkt an änderte sich mein ganzes Leben.
Jeder von uns ging anders mit der Trauer um. Meine Mutter stand vor der Aufgabe, nachdem sie lange Hausfrau und Mutter gewesen war, nun das Fortbestehen der Familie zu sichern. Das war nicht einfach, da sie nur wenig in die finanziellen Dinge involviert gewesen war. Dazu lag eine hohe Hypothek auf dem Haus. Plötzlich gab es nicht mehr die sorglose Familie, sondern es begann der nächste Kampf – der Überlebenskampf. Zu diesem Zeitpunkt war ich 12, mein Bruder 15 und meine Schwester 19 Jahre alt, meine Mutter war am Boden zerstört und am Ende ihrer Kräfte.
Zu diesem Zeitpunkt konnte ich noch nicht verstehen, dass mein Unterbewusstsein die Rolle meines Vaters einnehmen sollte. Von nun an ging jeder seinen Weg, so gut er konnte. Für mich bedeutete dies, schneller erwachsen zu werden als Gleichaltrige. Dies war später nicht immer nur von Vorteil, aber ich war ihnen sehr weit voraus. Ich habe mich selbstständig mit Bus und Bahn fortbewegt, als Freunde noch nicht einmal wussten, wie sie überhaupt eine Fahrkarte lösen konnten.
Weil ich nach dem Tod meines Vaters wochenlang nicht in der Schule gewesen war, nahm meine Mutter mich vom Gymnasium und meldete mich auf einer Realschule an. Langsam bekam ich wieder Luft zum Atmen und erstickte meinen Schmerz im Sport. Meine Mutter nahm einen Job bei einer Gebäudereinigungsfirma an und reinigte fortan in den frühen Morgen- und späten Abendstunden Büros. Ich begleitete sie, so oft ich konnte, um ihr zu helfen. Soweit man als Kind wirklich helfen kann. Meine Mutter hatte nie einen Führerschein gemacht, wodurch die An- und Abfahrten immer sehr beschwerlich waren.
In der Realschule fing ich mich wieder und schloss diese mit der Gesamtnote 1,7 ab. In mir spürte ich mehr und mehr den Kämpfer, wie es mein Vater für mich gewesen war. Den Unterschied zwischen Kämpfer und Macher verstand ich erst viele Jahre später. Ich nahm mir vor, im Anschluss mein Fachabitur auf einer Höheren Handelsschule mit einer guten Note zu bestehen.
Mein nächstes Ziel hatte ich bereits fest vor Augen: Mit 18 den Führerschein besitzen und ein eigenes Auto haben. Den Führerschein schaffte ich bereits vor meinem 18. Geburtstag, das Auto hatte ich mit 19. Wo ich vor Jahren noch die Unterstützung meiner Eltern erfahren hätte, war mir klar, dass ich nun selbst aktiv werden musste. Auch, um meine Mutter weiterhin bei den finanziellen Belastungen zu unterstützen. Somit war mir auch klar, dass ich auf ein Studium verzichten und durch eine Berufsausbildung das erste Geld verdienen würde.
Leichter gesagt als getan, denn auch damals war es nicht einfach, einen Ausbildungsplatz zu finden. Schon gar nicht den, den ich unbedingt haben wollte. Für mich gab es nur ein Ziel: Ich wollte Werbekaufmann werden. Fasziniert von der mir bis dahin bekannten Werbewelt sollte ich Jahre später erfahren, wie menschlich krank diese Branche ist. Themen wie Wertschätzung sind leider eher oberflächliche Augenwischerei. Ausnahmen bestätigen natürlich wie immer die Regel, aber dazu später mehr.
Insgesamt dauerte es zwei Jahre, bis ich einen Ausbildungsplatz zum Werbekaufmann bekam. Es war klar, dass ich die Zeit bis zum Beginn nicht mit Nichtstun verstreichen lassen konnte. Ein anderer Beruf kam für mich nicht in Frage, so sehr war ich fokussiert auf den Beruf des Werbekaufmanns. Also ging ich los und suchte mir zur Überbrückung einen Job. Ich fand ihn beim Network Courier Service, einer späteren Tochter von DHL. Dort packte ich am Abend für den Overnight-Versand die einzelnen Sendungen der Kunden, nach Städten sortiert, in ein großes Paket, das dann seine Reise mit der Bahn zu den Kurierpartnern in ganz Deutschland antrat. Auch hier legte ich ein übersteigertes Engagement an den Tag, was meinem Chef nicht verborgen blieb.
Als Aushilfe wurde ich nach Stunden bezahlt, und so verdiente ich mein erstes Geld. Und es war nicht wenig. Nach nur einem halben Jahr verließ der Leiter des innerdeutschen Versands das Unternehmen von jetzt auf gleich. Um den Supergau zu verhindern, handelte die Geschäftsführung und machte mich zum Leiter des innerdeutschen Versands. Denn keiner kannte die Abläufe und die Kunden besser als ich. Von der Aushilfe in eine Führungsposition, mit rund 200 Kurierfahrern unter mir und einem attraktiven Gehalt. Was für ein Start ins Berufsleben!
Meine Leidenschaft Basketball kam vollständig zum Erliegen. In dieser Zeit gründete ich auch mein erstes eigenes Unternehmen. Es kam immer wieder vor, dass Kunden noch Sendungen zu verschicken hatten, die Züge aber bereits abgefahren waren. Somit gründete ich den Overnight Direkt Service. Ich setzte mich persönlich ins Auto und fuhr die Sendungen an die Empfänger in ganz Deutschland aus. Einer meiner ersten Kunden war das SAT1 Frühstücksfernsehen, das damals teilweise noch in Hamburg produziert und über Berlin ausgestrahlt wurde.
Jedes Mal, wenn es Leitungsprobleme gab, mussten die Sendekopien bis zum Start am Morgen in Berlin sein. Heute kann ich nicht mehr sagen, wie ich es geschafft habe, in einer Nacht nach Frankfurt und zurückzufahren und am nächsten Morgen wieder am Schreibtisch zu sitzen. Ganz abgesehen von den Verkehrsregeln, die ich gebrochen habe. Aber durch seine Aufgaben wächst man im Leben über sich selbst hinaus.
Dann kam der Zeitpunkt, meine Ausbildung zum Werbekaufmann zu beginnen. Eine von vielen wichtigen Entscheidungen in meinem Leben. Sollte ich wirklich diesen Rückschritt machen, von einem guten Gehalt auf rund 600 DM monatlich? Von der Führungskraft zum Auszubildenden? Meine eigene Firma wieder schließen? Ich tat es, weil man ja in Deutschland eine Ausbildung braucht, wie mir von allen Seiten suggeriert wurde. Auch hier brach mein Ehrgeiz durch, und ich verkürzte die Ausbildung von drei auf zwei Jahre. In der Berufsschule und auch im Umgang mit meiner Person war ich oft nicht nur unterfordert, sondern ich langweilte mich auch.
Nun war ich ausgebildeter Werbekaufmann und ich scharrte mit den Hufen, um in die große Werbewelt einzutauchen. Ich bekam sofort im Anschluss einen Job als Produktioner in einer Werbeagentur. Ein Produktioner ist für die Umsetzung der Ideen von Kreativen und Textern zum Endprodukt verantwortlich. Also immer das letzte Glied in der Kette und der „Agenturarsch“ mit dem höchsten Druck. In den kommenden Jahren sollte ich schmerzhaft lernen, wie groß der Unterschied zwischen Schein und Sein ist.
Schnell machte ich mir in der Branche einen Namen, da ich immer gut im Netzwerken war. So wurde ich abgeworben und ging von Agentur zu Agentur. In mir stieg eine ungewohnte Unruhe auf. Ich war wie getrieben, fand es toll, bis nachts um drei Uhr in der Agentur zu sitzen und übersah, wie sich meine damaligen Freunde von mir entfernten. Immer öfter litt ich unter meinem übersteigerten Perfektionismus und es fiel mir schwer, mich Vorgesetzten unterzuordnen. Das galt besonders, da ich bereits zu diesem Zeitpunkt einen ausgeprägten Gerechtigkeitssinn hatte. Was andere nicht aussprachen, sprach ich aus und bekam dafür die Quittung und manchmal die Kündigung.
Es war der 15. Januar 1991. Der zehnte Todestag meines Vaters. Etwas passierte in und mit mir, und ich konnte es nicht kontrollieren. Ich meldete mich an diesem Tag krank und fuhr wie in Trance an das Grab meines Vaters. Dieses Gefühl hatte ich schon einmal erlebt damals, als das Telefon klingelte und wir informiert wurden, dass er soeben verstorben war. Mir wurde flau im Magen, ich hatte einen Kloß im Hals, und als ich an seinem Grab ankam, brach ich unter Tränen zusammen. Ich kann heute nicht mehr sagen, wie lange ich so vor seinem Grab kniete und nicht aufhören konnte zu weinen. Aber es muss lange gewesen sein.
Exakt an seinem Todestag, zehn Jahre nach seinem Tod, kam alles aus mir heraus. Mir wurde klar, warum ich bei jeder Krankenhausszene im Fernsehen in Tränen ausbrach. Meine Trauer verwandelte sich in Wut. Wut auf meinen Vater, der all die Jahre nicht für mich dagewesen war. Wut, weil ich so viele Dinge schmerzvoll erfahren musste und er mich nicht davor geschützt hatte. Und ich lernte die erste wichtige Lektion meines Lebens: zu vergeben!
Nach diesem Vorfall war ich nie wieder an seinem Grab, weil ich nur noch einen wundervollen Menschen in meinem Herzen haben wollte. Mein Vorbild. Aber es sollte erst der Beginn einer weiteren schmerzvollen Zeit sein, wie ich später erkannte. Heute würde man sagen, ich hatte einen Erschöpfungszustand oder besser einen Burnout. Am nächsten Tag kündigte ich meinen Job, ohne zu wissen, wie es weitergehen sollte. Ich saß stundenlang regungslos an der Hamburger Außenalster und starrte auf das Wasser. Mein Kopf war einfach nur leer. Mein Trieb, perfekt zu sein, hatte mich an den Rand meiner Kräfte geführt. Heute weiß ich: Ich wollte nur meinem Vater beweisen, wie stark ich bin und eines von ihm bekommen – Lob. Zu diesem Zeitpunkt hatte ich das dritte magische Erlebnis in meinem Leben. Es gibt die schöne und wahre Weisheit:
„Immer wenn du denkst, es geht nicht mehr, kommt von irgendwo ein Lichtlein her.”
Genau so geschah es mir. Ich saß an der Alster, als mein Telefon klingelte. Ich hatte bereits ein Handy, was von meinen Vorgesetzten gar nicht gerne gesehen wurde, weil es nach ihren Vorstellungen nur ihnen vorbehalten sein sollte. Ich ging ran, und es war der Seniorchef der Agentur, in der ich gekündigt hatte. Er lud mich zu sich nach Hause ein. So viel Güte und Menschlichkeit hatte ich die letzten zehn Jahre nicht erlebt. Ich erzählte ihm meine Geschichte und bekam Verständnis, Anerkennung und Wertschätzung für mich und meine Situation. Und ich bekam noch mehr. Aus diesem Treffen entwickelte sich der erste Mentor meines Lebens. Was ich diesem Mann zu verdanken habe, würde den Platz in diesem Buch sprengen. Er war für mich nicht nur Mentor, Sparringspartner und Motivator, sondern auch ein Stück Vater, den ich so viele Jahre so schmerzlich vermisst hatte. Leider ist auch er inzwischen von uns gegangen, aber seine Worte trage ich in meinem Herzen bei mir:
„Wenn keiner an dich glaubt, glaube du doppelt an dich. Steh auf, komm ins Handeln und sage: Jetzt erst recht!”
Danke Peter, du hast mich zurück ins Leben geholt. Denn das Leben musste weitergehen, und ich sah in der W&V, einer Fachzeitung für die Werbebranche, eine Stellenanzeige: Gesucht wird ein European Business Manager in einer deutschsprachigen Werbeagentur in Palma de Mallorca.
Warum hatte ich diese Stellenanzeige gelesen? Zufall? Nein, mit meiner heutigen Erfahrung als Mentor und den Erkenntnissen der Hirnforschung weiß ich, dass es keinen Zufall gibt. Ich bewarb mich. 14 Tage später war ich zum Vorstellungsgespräch auf Mallorca. Weitere drei Wochen später zog ich nach Spanien. Es war ein komisches Gefühl, Deutschland mit einem One-Way-Ticket zu verlassen und von der einzigen Freundin verabschiedet zu werden, die mir noch geblieben war.
Der Hauptkunde der Agentur war ein deutsches Pharmaunternehmen, dessen Expansion in die Niederlande, nach England und nach Brasilien vorzubereiten war. Dies war also nun meine neue Herausforderung. Die ersten vier Wochen auf Mallorca waren für mich die Hölle auf Erden. Obwohl ich sehr nett in der Agentur empfangen wurde und schnell Anschluss bei den Kollegen fand, wohnte ich die ersten Wochen in einer billigen Absteige. Da war ich nun mit zwei Koffern und einem Umzugskarton. Mein ganzes Leben war darin. Und ich fragte mich mehr als einmal, ob dies die richtige Entscheidung gewesen war. Da fiel mir wieder der Satz ein, den mein Mentor mir mit auf den Weg gegeben hatte:
“Fehler zu machen ist situationsbedingt und gehört zum Leben dazu. Es gilt, immer einmal mehr aufzustehen, als man hingefallen ist.“
Also sagte ich mir: „Hey, du lebst jetzt auf Mallorca. Sonne satt, warme Temperaturen und das Mittelmeer vor der Tür. Was willst du mehr?“ Damals herrschten auch im Winter sehr angenehme milde Temperaturen. Ich hatte angefangen, anders zu denken, positiv zu denken. Und mein Leben begann sich zu verbessern. Ich fand eine Wohnung und genoss es, am Morgen mit Inlineskates oder dem Fahrrad in die Agentur zu fahren. Am Wochenende lag ich am Strand oder grillte mit den Kollegen, die zu Freunden wurden. Ich muss gestehen, dass wir überwiegend unter uns blieben, es war nicht leicht, bei Mallorquinern Anschluss zu finden. Dies sollte später noch eine wichtige Rolle spielen.
Nach einiger Zeit entschloss sich das Pharmaunternehmen, vorerst nicht wie geplant zu expandieren. Da nun meine Position in der Agentur überflüssig wurde, bot man mir ein eigenes Unternehmen als geschäftsführender Gesellschafter an. Es war ein ganz neuer und spannender Bereich in der Produktentwicklung. Ich zog aus meiner Wohnung aus und in eine größere in einem exklusiven Villengebiet am Rande von Palma. Fortan begann mein Tag damit, bei strahlendem Sonnenschein und einem guten Kaffee von meinem Balkon aufs Mittelmeer zu schauen und die morgendliche Fähre von Barcelona nach Palma willkommen zu heißen.
Eine ganz neue Welt eröffnete sich mir, in der ich viel reisen durfte und mit interessanten Menschen auf der ganzen Welt in Kontakt kam. Ich kam meiner Begabung, etwas von null bis zur Marktreife zu entwickeln, sehr nah. In dieser Zeit durfte ich eine der ersten Aloe Vera-Kosmetiklinien entwickeln, die es auf dem Markt gab. Diese Arbeit führte mich bis nach Brasilien zu Aloe Vera-Plantagen. Besonders die Zusammenarbeit mit Universitäten in Deutschland hat mir viel Freude bereitet.
In dieser Zeit wurde mir zum ersten Mal bewusst, wie stark die Außenwirkung Menschen beeinflusst. In der Regel bin ich am Sonntagabend nach Deutschland geflogen und habe stets in exklusiven Hotels gewohnt. Mit dem entsprechenden Mietwagen ging es dann bis Donnerstagabend von Termin zu Termin durch ganz Deutschland.
Immer wenn ich meine Visitenkarte überreichte, auf der als Anschrift Palma de Mallorca stand, lächelten meine Gesprächspartner und hatten sofort eine Geschichte zu Mallorca zu erzählen. Ich gebe zu, diese Harmonie habe ich wirklich sehr genossen und dies nur, weil auf der Visitenkarte Palma de Mallorca stand. Insgesamt verbrachte ich fast sechs Jahre auf der Sonneninsel.
Zum Ende meines Aufenthaltes ergab es sich, dass fast alle meine Kollegen und Freunde die Insel aus unterschiedlichen Gründen wieder verließen. Hier wurde mir auch klar, dass ich bisher zu Einheimischen fast gar keinen Kontakt hatte aufbauen können. In mir kam langsam die Angst auf, als Letzter auf der Insel zu bleiben – und somit ein Gefühl des Alleinseins.
Aber statt mich zu lähmen inspirierte mich diese Situation nachzudenken, was ich in meinem Leben ändern könnte. Ich fing an zu notieren, was ich bereits besitze. So wie ich es von meinem Mentor gelernt hatte. Dann dachte ich darüber nach, was mir fehlte, um meinen Wünschen und Begabungen noch näherzukommen. Ich wollte etwas mit Menschen machen und durch meine Tätigkeit Freude verbreiten.
Es kam der Tag, an dem ich die letzte gute Freundin mit dem Auto zurück nach Deutschland begleitete und dann wieder nach Mallorca flog. An diesem Tag setze ich mich zum Sundowner an meinen Lieblingsplatz und schaute diesem emotionalen Schauspiel zu. Im Gepäck eine gute Flasche Rotwein, Manchegokäse, Oliven, Chorizowurst und Baguette. Und dann kam mir die Idee, die der Beginn meines heutigen Schaffens war.
Ich gründete eine VIP-Gäste-Betreuung für wohlhabende Mallorca-Urlauber. Ich war Ansprechpartner für einfach alles, von der Unterkunft über den Transfer, Tagesausflüge, Geheimtipps für Restaurants bis zum Yachtcharter oder Heli-Shopping auf Ibiza. Es gab keinen Wunsch meiner betuchten Kunden, den ich nicht erfüllen konnte. Die besondere Erfüllung durch diesen Job lag darin, dass ich nicht nur sehr gutes Geld verdient habe, sondern dass es nicht dieses Gefühl von Dienstleister und Kunde gab. Wenn die Kunden eine Yacht über mich buchten, dann war ich mit dabei. Ich organisierte das Catering, beschäftigte die Kinder und durfte den Abend mit viel Lob für den gelungenen Tag zusammen mit meinen Kunden in teuren Restaurants ausklingen lassen. In dieser Zeit fühlte ich mich rundherum wohl. Dachte ich.
Es sollte sich nach einiger Zeit herausstellen, dass ich noch nicht am Ende meiner Reise angekommen war. Ich liebte diesen Job und das Leben als erfolgreicher Unternehmer. Da ich, wie ich heute weiß, aber nur hörte und sah, was ich sehen und hören wollte, wurde mir erst nach einiger Zeit etwas klar: Egal, wie lange ich meine Gäste betreuen durfte, ob einen Tag oder mehrere Wochen, öffneten sich diese mir gegenüber sehr schnell und vertrauten mir auch die intimsten Inhalte an. Wie sollte ich damit umgehen? Ratschläge erteilen, nur zuhören oder ihre Worte einfach überhören?
Diese Erkenntnis ließ mich nicht los, und ich begann zu recherchieren, warum wir Menschen tun, was wir tun. Hier kam ich das erste Mal mit der Neurowissenschaft, also der Hirnforschung, in Kontakt. Sie faszinierte mich und hat mich bis heute nicht mehr losgelassen. Ich studierte, recherchierte und verschlang förmlich jedes Buch zu diesem Thema. Ich verglich die Unterschiede zwischen amerikanischen Veröffentlichungen wie Denke nach und werde reich oder The Secret und deutschen Veröffentlichungen wie Das Gesetz der Resonanz.
Mir wurde klar, dass diese hochkomplexen Informationen aus der Hirnforschung nur dann zur Verbesserung eines Lebens beitragen können, wenn sie in einer einfachen und verständlichen Sprache kommuniziert werden.
Dann fing ich an, die vorhandenen Coachingmethoden zu studieren. Ich wollte nicht etwas anbieten, was schon viele andere anboten. Jede Methode hatte für sich genommen ihre Berechtigung, aber dennoch genügten sie mir nicht für das, was ich vorhatte. Von Tag zu Tag wurde mir klarer, dass ich endlich meine Berufung gefunden hatte, die ich von nun an zu meinem Beruf machen wollte.
Ich begann meine eigene Coachingmethode zu entwickeln, nach der ich in Zukunft meine Klienten auf ihrem Weg durchs Leben begleiten wollte. Für mich war klar, dass ich meinen Klienten nie eine Methode, sondern praktische und nachhaltige Unterstützung auf Basis der stets aktuellen Hirnforschung verkaufen wollte. Dies erlaubt mir seit nun mehr als 21 Jahren Mentees von Hamburg aus in der ganzen Welt ein Stück ihres Weges begleiten zu dürfen.
Und dafür bin ich jeden Tag dankbar.
Ich nutze die Ruhe der Insel, der Isla de la Calma, wie sie auch genannt wird und bereitete mich optimal auf meine neue Herausforderung vor. Und plötzlich konnte ich sogar erkennen, dass der derzeitige Zustand ohne Freunde mir nicht nur die Zeit und Ruhe zur Vorbereitung gab, sondern dass in mir eine Vorfreude entstand, nach Deutschland zu- rückzukehren. Abgesehen von den vielen Annehmlichkeiten, die uns Deutschland bietet, gebe ich zu, dass ich natürlich Sonne, Strand und Meer sowie die südländische Lebensart vermisse. Neben meinen geschäftlichen Reisen als Keynote Speaker, Buchautor und Mentor reise ich, so oft es geht, einfach der Sonne entgegen oder hinterher.
Seit dem Jahr 2000 lebe ich nun wieder in Hamburg und begleite als Mentor nicht nur Führungskräfte und Mitarbeiter von Unternehmen, sondern auch Personen des öffentlichen Lebens wie Schauspieler, Moderatoren und Musiker. Nach mehr als 21 Jahren intensiver und erfolgreicher 4-Augen-Mentorings bereiten mir Seminare und Vorträge sehr viel Freude. Seit dem Jahr 2015 ist es meine Hauptaufgabe, Freude und Fachwissen vor großem Publikum amüsant zu präsentieren, sei es im Hörsaal einer Universität oder auf der Bühne. Ich würde mich freuen, Sie in einem meiner Auftritte amüsant zu unterhalten und Ihnen wertvolle Empfehlungen an die Hand zu geben, warum Sie leben, wie Sie leben und wie Sie das Maximale aus Ihrem Leben machen können.
Vielen Dank, wenn Sie bis hierher gelesen haben. Ich weiß dies sehr zu schätzen.
Ein Kapitel aus meinem Buch “Jammerlappen Express – Machen Sie Ihr Bestes sichtbar.”